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Pflichtlektüre

Es ist ein Buch, das gegen den Strich bürstet. Ein Buch, das aufwühlt und nachdenklich macht. Das historische Zusammenhänge aus jüngster Vergangenheit verständlich darlegt. Das verdeutlicht, dass es heute um alles andere geht als "kriegstüchtig" zu werden, wie es Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius so ungeniert formulierte. Dass es vielmehr darum geht, friedenstüchtig zu werden – in jeder Hinsicht. Ein Buch, das für jeden Deutschen (und alle anderen Europäer ebenso) zur Pflichtlektüre werden sollte. 

Allein – es steht zu befürchten, dass genau das Gegenteil passiert: dass es weitgehend verschwiegen und ignoriert wird. Bisher – und es ist nun schon seit fast zwei Wochen im Handel – wurde das Buch jedenfalls noch in keinem der "Leitmedien" besprochen. Diese sind sonst ja doch sehr schnell bei der Hand, wenn es um Vorabdrucke oder Rezensionen zum Erscheinungstermin geht. Dass das hier nicht interessiert, ist allerdings nicht weiter verwunderlich. Denn was Günter Verheugen und Petra Erler hier auf über 300 Seiten zusammengetragen haben, steht im Gegensatz zu dem, was heute in Deutschland die weithin verbreitete Mainstream-Meinung darstellt. Es konterkariert die gebetsmühlenhaft wiederholte Geschichte vom bösen Russland, das die Ukraine unterjochen möchte, um sich letztlich das ganze freiheitliche Europa einzuverleiben. Es blättert die vielschichtige spannende Vorgeschichte der vergangenen 50 Jahre auf, in denen sich Russland seit dem Fall der Mauer anfangs immer mehr an Europa angenähert hat (man denke nur an die denkwürdige Rede von Putin im Deutschen Bundestag 2001), sogar gleichberechtigtes Mitglied der NATO werden wollte, aber dann rüpelhaft und hochnäsig von den USA und anderen europäischen Machthabern abgewiesen und nicht selten geradezu beschämt wurde (man erinnere sich nur an den Spruch von Barack Obama über Russland als "Regionalmacht"). 

Niemand wird sagen können, das sei alles Geschichtsklitterei oder an den Haaren herbeigezogen. Allein der Anhang umfasst 28 Seiten penibel dokumentierte Quellenhinweise. Günter Verheugen und Petra Erler haben sich ihre Analyse nicht aus den Fingern gesaugt. Beide Autoren sind zudem schon aufgrund ihres beruflichen Werdegangs über jeden Zweifel erhaben, was ihre Kompetenz und Seriosität betrifft. Günter Verheugen (geb. 1944) war lange Zeit Abgeordneter des Deutschen Bundestages (zuerst für die FDP, nach deren Wechsel von der sozialliiberalen Koalition in die Regierung Helmut Kohl im Jahr 1982 für die SPD) und von 1998 bis September 1999 unter der rot-grünen Schröder-Regierung Staatsminister im Auswärtigen Amt. Anschließend wechselte er als EU-Kommissar für die EU-Erweiterung (ab 2002 auch für die Europäische Nachbarschaftspolitik) nach Brüssel; von 2004 bis 2010 war er Vizepräsident der EU-Kommission und zuständig für Unternehmen und Industrie. Ab 2007 war er europäischer Co-Vorsitzender des Transatlantischen Wirtschaftsrats. Heute ist Verheugen Honorarprofessor an der Europa-Universität Viadrina, Autor und Publizist.

Petra Erler (geb. 1958) wuchs in der DDR auf und promovierte am Institut für Internationale Beziehungen an der Akademie für Staat und Recht in Potsdam. Seit 1999 arbeitet sie mit Günter Verheugen zusammen und fungierte von 2006 bis 2010 als dessen "Kabinetts-Chefin". Seit 2010 leitet sie ein Strategieberatungsunternehmen in Potsdam. 

Nach der Lektüre dieses Buches versteht man besser, was Putin dazu verleitet haben mochte, den Angriffskrieg auf die Ukraine loszutreten. Vor allem wird klar, welchen Anteil der Westen daran hatte und immer noch hat. Man versteht, was hier schiefgelaufen ist, und mit welcher Arroganz und Ignoranz der Westen sich gegenüber Russland über Jahrzehnte hinweg geriert hat. Man versteht all die Hintergründe, auf die es ankommt, wenn man den verhängnisvollen Krieg in der Ukraine in das Weltgeschehen einordnen möchte. Und es wird klar, dass dieser Konflikt mit kriegerischen Mitteln ganz sicher nicht gelöst werden kann. Sondern dass vielmehr gerade das Gegenteil notwendig wird: eine Verständigung auf internationaler Ebene.

Dieses Buch ist deshalb ein grandioses Plädoyer für den Frieden und für mehr Verständigung zwischen den Völkern und auch zwischen den führenden Politikerinnen und Politikern aller Länder. Ein Buch, das in jeden Haushalt gehört. Und vor allem in die Schulen, in den Geschichtsunterricht der Mittel- und Oberstufe. Als Resümee sei hier der Schluss des Buches zitiert: 

"Weder in den USA noch in Deutschland hat sich die Einsicht Bahn gebrochen, dass es nicht möglich ist, Russland zu besiegen, ohne den Dritten Weltkrieg zu führen, wie eine Gruppe ehemaliger Nachrichtendienstmitarbeiter aus den USA aufführt. Ein solcher Krieg muss mit allen Mitteln vermieden werden, wenn man nicht die ganze Welt zum Schicksal Karthagos verdammen will. Aber es scheint, als wäre die westliche Politik blind dafür. Die auch bei uns gängige Behauptung, wenn die Ukraine mangels Unterstützung militärisch verliere, bestünde die Gefahr eines russischen Angriffs auf die NATO, entbehert jeder Grundlage. 

Der CIA-Direktor William Burns hat jüngst in Erinnerung gerufen, wie die US-Interessenlage ist: Russland ist nur das Vorspiel, der eigentliche Gegner heißt China. Die USA, sprich die NATO, können es sich nicht leisten, gegenüber China schwach zu erscheinen. Wer fest an der Seite der Ukraine steht, trifft Vorsorge für einen möglichen chinesischen Griff nach der Weltherrschaft. Nur China ist der Rivale, der die USA als Hegemon verdrängen kann. In dem Fall muss man Burns zustimmen. Immer geht es aus Sicht der USA um ihre globale Dominanz. Dem wird alles andere untergeordnet: das Schicksal Deutschlands und Europas, einschließlich der Ukraine, einschließlich Russlands. Wollen wir direkt in den Krieg gegen Russland ziehen, um China abzuschrecken, falls die Ukraine militärisch am Verlieren ist? Darauf läuft alles hinaus. 

Unter solchen Bedingungen trampelt man nicht wie ein deutscher Elefant im Porzellanladen herum, sondern müsste innerhalb der EU, aber auch international alles tun, um den aktuellen Krieg in der Ukraine umgehend zu beenden und sich dann um Versöhnung in Europa zu bemühen. Damit Verständigung entsteht und Frieden. Wir sind nicht zur Gegnerschaft oder gar Feindschaft mit irgendeinem Land der Welt verdammt. Wie das ausgeht, wissen wir aus der Geschichte. Wir sollten von uns selbst erwarten, dass ein ganz praktisches und stetes Bemühen um Frieden das deutsche Markenzeichen in der Welt ist. So will es das Grundgesetz. Eine Vasallenrolle ist dort genauso wenig festgeschrieben wie die verheerende Ansicht, Russland sei der ewige Feind." 

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. 

Günter Verheugen und Petra Erler: Der lange Weg zum Krieg
Russland, die Ukraine und der Westen – Eskalation statt Entspannung 
336 Seiten 
WIlhelm Heyne Verlag, München 
24 Euro

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Die befreite Tochter

Das Kind eines berühmten Vaters zu sein, kann eine ziemliche Bürde sein. Und es lässt sich nur ahnen, was es bedeutet haben muss, die Tochter von Sigmund Freud zu sein. Jetzt hat sich der Tiefenpsychologe und Autor Tom Saller des Themas angenommen und einen Roman geschrieben. Darin unterstellt er Anna Freud, die nie geheiratet hat und mit der Kinderpsychoanalytikerin Dorothy Tiffany Burlingham (Tochter des Glaskünstlers und Juweliers Louis Comfort Tiffany) zusammenlebte, ein frühes Verhältnis mit einem kriegsversehrten Mann, das jedoch keine Zukunft hat, auch weil sie selbst im Rahmen einer Lernanalyse bei ihrem Vater undercover an der Behandlung des Mannes beteiligt war.

Jahre später, 1938, muss Sigmund Freud mit seiner Familie vor den Nazis fliehen, und hier spielt eben dieser ehemalige Soldat mit Namen Stadlober eine Schlüsselrolle – ist er doch inzwischen SS-Führer und Erster Vizebürgermeister der Stadt. Anna Freud verfügt über die Unterlagen, die ihn gerade in dieser Funktion kompromittieren und seine Karriere kosten könnten – die Aufzeichnungen ihres Vaters und auch ihre eigenen über seine Behandlung. Sie sind das Faustpfand, das dazu führt, dass die gesamte Familie Freud nach London ausreisen kann. Anna Freud befreit sich im Laufe ihrer eigenen beruflichen und privaten Entwicklung von ihrem Vater – auch das schildert dieser Roman. 

Das ist alles zweifellos sehr unterhaltsam und spannend aufgeschrieben. Und natürlich steht es einem Schriftsteller zu, sich fiktive Ereignisse und Begegnungen auszudenken, um einen bestimmten Sachverhalt oder die Entwicklung seiner Figuren glaubhaft zu machen. Ein Roman ist ein Roman ist ein Roman ... Zwischendurch beschleicht einen aber als Leserin auch das seltsame Gefühl, dass sich da ein Mann (der Autor) in vielleicht doch nicht ganz zulässiger Weise einer Frau (Anna Freud) bemächtigt, zwar durchaus wohlwollend-liebevoll, aber eben doch in einer übergriffigen Art und Weise. Man fragt sich auch, warum es einer solchen Konstruktion bedarf, um die genannten Themen zu bearbeiten. Und so bleibt bei allem Respekt für die schriftstellerische Virtuosität ein etwas schaler Nachgeschmack. 

Und noch eine Anmerkung am Rande: Dass der Verlag nicht in der Lage ist, eine sorgfältige Rechtschreibkorrektur zu veranlassen und die unsäglich unsinnigen Trennungen auszumerzen (z.B. Stad-lober, Stadlo-ber ...), ist mal wieder ein Zeichen für die heute leider weitverbreitete Schlampigkeit im Lektorat. 

 

Tom Saller: Ich bin Anna. 
Roman, 256 Seiten
Kanon Verlag 
24 Euro

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Der Tausendsassa unter den Brotbackbüchern

Lutz Geißler ist allen Hobbybäckern bestens bekannt: Er gilt als der "Brotpapst" schlechthin, sein "Plötzblog" gehört zu den ergiebigsten Quellen für Brotrezepte und überhaupt für Informationen rund um Brot und Brötchen aller Couleur. Vor kurzem hat Lutz, dessen Bücher allesamt Bestseller sind, nun ein geniales neues Werk publiziert: "Die neue Brotbackformel". Es ist eine Art Tausendsassa unter den Brotbackbüchern, denn es passt sich den jeweiligen Möglichkeiten auf ideale Weise an. Denn wer kennt sie nicht, die Situation, dass man mit Schrecken feststellt: Kein Brot mehr im Haus. Oder: Das, was noch da ist, ist verschimmelt. Für solche Fälle weiß Lutz Geißler Rat: Aus einem Grundteig - wahlweise mit hellem, dunklem Weizenmehl, Dinkel- oder Vollkornmehl angesetzt - lassen sich 50 verschiedene Brotsorten backen. Da ist wirklich für jede Gelegenheit etwas dabei – leicht und luftig oder kräftig-herzhaft, süß, neutral oder salzig. 

Da - ausnahmsweise - nicht mit Sauerteig gearbeitet wird (was sonst Lutz' Leidenschaft ist), eignet sich dieses Buch gerade für Neueinsteiger, die noch nicht viel Erfahrung mit dem Brotbacken haben. Mehl und Hefe (ob getrocknet oder frisch) sollte man ohnehin immer im Haus haben. Und selbst gebackenes Brot schmeckt einfach besser als das industriell hergestellte (Bäcker, die ihr Brot handwerklich sauber noch selbst backen, kann man in Deutschland ohnehin mit der Lupe suchen). 

Das Buch ist modular aufgebaut, so dass man auf der Basis eines Grundteiges je nach Lust und Laune und zeitlichen Möglichkeiten viele verschiedene Brote und Brötchen bis hin zu Süßigkeiten und Flammkuchen backen kann. Die Schritt-für-Schritt-Anleitungen mit vielen Fotos machen es auch Unkundigen einfach, ein gutes Ergebnis hinzubekommen. Schon beim Durchblättern bekommt man sofort Lust, eines der vielen Rezepte nachzubacken. Dieses Buch sollte in keiner Küche fehlen. 

Lutz Geißler: Die neue Brotbackformel
288 Seiten, Hardcover, 34 Euro
direkt bestellen beim Becker, Joest, Volk Verlag

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Wichtige Vorkämpferinnen

Wenn es um die Entstehungsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland geht, werden meistens nur Männernamen genannt: Konrad Adenauer als erster Bundeskanzler, Theodor Heuss als erster Bundespräsident sowie die verschiedenen "Väter" des neugeschaffenen Grundgesetzes. Dass sowohl an dieser Gesetzgebung als auch bei der Entwicklung der Republik in hohem Maße auch Frauen beteiligt waren, wird nicht so oft ins Bewusstsein gerückt. Diese Lücke schließt jetzt ein Buch, das allerdings keine Frau, sondern ein Mann erstellt hat: "Die Pionierinnen" von Rainer Hank.

Der 1953 geborene Wirtschaftsjournalist, der von 2001 bis 2018 das Wirtschafts- und Finanzressort der FAZ geleitet hat und heute für verschiedene Medien tätig ist, widmet sich dabei vor allem den Journalistinnen, die in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg den Blick auf die Welt geprägt haben: die langjährige FAZ-Redakteurin Helene Rahms (1918 – 1999); Marion Gräfin Dönhoff (1909 – 2002), die legendäre Chefredakteurin und spätere Herausgeberin der ZEIT, die Rainer Hank mit kritischer Distanz beschreibt; Clara Menck (1901 – 1983), Kulturjournalistin; Margret Boveri (1900 – 1975), die als Korresponentin durch die Welt reiste und sich gegen die westliche Orientierung in Nachkriegsdeutschland stemmte; Hilde Spiel (1911 – 1990); Elisabeth Noelle-Neumann (1916 – 2010), die das bekannte Meinungsforschungsinstitut gründete und aufbaute; Inge Deutschkron (1922 – 2022), die als Jüdin in der Illegalität das 3. Reich überlebte und später Korrespondentin der israelischen Zeitung "Ma'ariv" war; Julia Dingwort-Nusseck (geb. 1921, zu ihr gibt es ein interessantes Portrait im WDR) und Fides Krause-Bewer (1919 – 2018), beide Pionierinnen des Wirtschaftsjournalismus im Fernsehen; Maria Frisé (1926 – 2022), die sich im männerdominierten Feuilleton der FAZ durchkämpfen musste und für den Autor seine "journalistische Lehrerin" war, sie war es, die den Anstoß zu diesem Buch gab; Sybil Gräfin Schönfeldt (1927 – 2022), die mit ihren klugen und geistreichen Benimm- und Kochbüchern sowie ihren Kalendern eine neue Qualität in die Frauenmagazine getragen hat, die ebenso leichtfüßig wie tiefgründig war (was nur ein scheinbarer Gegensatz ist); Christa Meves (geb. 1925), die wegen ihrer konservativen Kindererziehungsansichten oft als Reaktioinärin verpönte Autorin, die mit untrüglicher Sicherheit die Finger in viele Wunden legte; und natürlich Alice Schwarzer (geb. 1942), die Feministin, die die Frauenbewegung der 1970er und 80er Jahre angeschoben und geprägt hat. 

Viele andere bleiben unerwähnt - sowohl aus Platzgründen wie auch mangels Unterlagen: Ursula von Kardorff, Isabel Mühlfenzl, Franca Magnani, Wibke Bruhns, Carmen Thomas, Elly Staegmeyr, Hannelore Krollpfeiffer, Ulrike Meinhof, um nur einige zu nennen. Nur von wenigen der portraitierten Frauen liegen Biographien vor – viele sind noch ungeschrieben, und viele andere, genauso wichtige Journalistinnen und (Chef)Redakteurinnen blieben unerwähnt (darunter auch die ersten Chefinnen der Frauenzeitschriften "Constanze" und "Brigitte", die noch bis zu Beginn dieses Jahrhunderts mit ihren hohen Auflagen bei Frauen meinungsbildend waren). Hank widmet sich vor allem denjenigen, die die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt haben, mithin also zwischen 1900 und 1935 geboren wurden (nur Alice Schwarzer ist jünger). Er stützt sich dabei sowohl auf das Archiv der Publikationen, für die die Journalistinnen gearbeitet haben, als auch auf Unterlagen aus dem Literaturarchiv in Marbach sowie auf Gespräche mit Angehörigen. 

Es sind Lebensgeschichten von Frauen, die unzählige Widerstände überwinden und sich in für sie völlig ungewohnten Umständen bewähren mussten. Frauen, die – meist noch nach alter Sitte als schmückendes Beiwerk und Steigbügelhalterin für einen Mann erzogen – auf sich selbst und ihre eigene Tatkraft und Phantasie angewiesen waren. Die gegen Vorurteile ankämpfen und mindestens doppelt so gut sein mussten wie Männer, um überhaupt bestehen zu können. Die nicht Hausfrau und Mutter sein, sondern die Gesellschaft mit beeinflussen und formen wollten.

Ihr Anteil an der journalistischen Landschaft im Nachkriegsdeutschland ist kaum bekannt und wird auch an den Journalistenschulen – soweit ich weiß – nicht gelehrt. Dabei stehen wir alle, die wir in den 1980er Jahren und später unsere berufliche Karriere gestartet haben, auf den Schultern dieser Frauen. Es ist Rainer Hanks großes Verdienst, uns das mit diesem Buch endlich ins Bewusstsein gerückt zu haben. "Die Pionierinnen" ist ein Buch, das alle gelesen haben sollten, die im Journalismus heute tätig sind. Wirklich alle. Auch die Männer. Gerade diese. 

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Reise in die Vergangenheit

Immer wieder ist es die Generation der Enkelinnen und Enkel, die so manches Familiengeheimnis enthüllt. In diesem Fall ist es die niederländische Autorin Lisa Weeda, deren 94-jährige Großmutter Aleksandra sie auf die Reise zu ihrem Geburtsort schickt: nach Luhansk in der Ostukraine. Es ist eine Gegend, die schon seit vielen Jahrzehnten geprägt ist von Unruhen, Streit, Kämpfen und Konflikten verschiedenster Art. Lisa soll dort nach dem Verbleib ihres Onkels Kolja forschen, der seit 2015 verschollen ist. Und so entfaltet die junge Frau vor dem Hintergrund der gewalttätigen Historie dieses Landstrichs ein ganz eigenes Panorama ihrer Familie und damit gleichzeitig auch des Landes, in dem sie ihre Wurzeln hat. 

Natürlich gewinnt dieses Abenteuer angesichts des Krieges in der Ukraine eine besondere Aktualität und Dimension. Aber auch ohne dieses dramatische Geschehen wäre dieses Buch eine wichtige Lektüre – vor allem für die jüngere Generation. Denn Großmütter wie Aleksandra haben nur noch ganz wenige. Lisa Weeda gelingt es, ihrem Roman nicht zuletzt durch ihre Sprache (Übersetzung: Birgit Erdmann) eine sehr eigene Faszination einzuhauchen. Kein Wunder, dass das Buch bereits in viele andere Sprachen übersetzt wurde. 

Lisa Weeda: Aleksandra. Kanon Verlag, 288 Seiten, 25 Euro (auch als E-Book und Hörbuch erhältlich) 

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