Vor kurzem ist in den Kinos ein Film angelaufen, der besondere Aufmerksamkeit und viele Besucherinnen verdient: "Im Herzen jung" mit Fanny Ardant und Melvil Poupaud in den Hauptrollen. Ardant, inzwischen 74 Jahre alt, spielt darin die altersgleiche Architektin Shauna, die im Herbst ihres Lebens noch einmal der Liebe begegnet – zu Pierre, einem 30 Jahre jüngeren Mann. Es ist einer der berühmten Zufälle, der die beiden zueinanderführt. Pierre ist der Arzt, der die im Sterben liegende beste Freundin von Shauna im Krankenhaus in Lyon medizinisch betreut, gleichzeitig ein guter Freund seines Kollegen Georges, dem Sohn der Schwerkranken, die nicht weiter in Erscheinung tritt. Es sind nur wenige Minuten, sie trinken einen Kaffee zusammen. Und doch ist es eine Begegnung, die beide nicht vergessen, die aber vorerst keine weiteren Folgen hat. Pierre ist glücklich verheiratet mit Jeanne. Die beiden haben eine Tochter, in den kommenden Jahren kommt ein zweites Kind zur Welt, stirbt aber kurz nach der Geburt. Etwas später wird ein Sohn geboren.
Erst 15 Jahre später kommen Pierre und Shauna – zufällig – wieder zusammen, als Georges, Pierre, der mittlerweile ein angesehener Onkologe ist, und eine weitere Kollegin einen Kongress in Dublin besuchen. Georges bittet Pierre, ihn nach Cork zu begleiten, wo er das Ferienhaus seiner Mutter besuchen will. Als sie in Wind und Wetter dort ankommen, öffnet Shauna ihnen die Tür – sie hat sich des Hauses in den vergangenen Jahren angenommen und ist immer wieder dort, wenn sie nicht in Paris zu tun hat. Sie erkennt Pierre nicht sofort wieder, er sie aber schon. Es folgt eine Nacht der Gespräche, der wechselseitigen Anziehung und des gegenseitigen Verstehens, aber beide halten Distanz und tauschen nur die Telefonnummern aus. Am nächsten Tag fahren Georges und Pierre wieder ab und kehren nach Lyon zurück.
Irgendwann ruft Pierre Shauna an – er kommt nach Paris, um seine neuen Forschungsergebnisse zu präsentieren. Er lässt seinen Zug sausen und verabredet sich mit Shauna, die an diesem Abend bei ihrer erwachsenen Tochter und deren Tochter zum Essen eingeladen ist. Die beiden nähern sich an, und Pierre übernachtet bei Shauna, bevor er am nächsten Tag nach Lyon zurückkehrt.
Und so beginnt eine Lovestory der besonderen Art, denn beide wissen nicht, wie es weitergehen soll und wird. Umso weniger, als Shauna an Parkinson erkrankt ist und über kurz oder lang auf Hilfe angewiesen sein wird, was sie Pierre nicht zumuten will. Pierre wiederum muss damit fertigwerden, dass er durch seine Liebe zu Shauna, die er nicht mehr verbergen kann, seine kleine Familie vor den Kopf stößt und die Trennung von Jeanne unausweichlich wird. Aber allen Widrigkeiten und gesellschaftlichen Hindernissen zum Trotz finden die beiden schließlich doch zueinander – und das auf so glaubhaft würdige Art und Weise, dass diese Geschichte nie ins Kitschige abgleitet.
Fanny Ardant spielt diese Shauna mit großer Kraft, aber auch großer Zerbrechlichkeit. Wie sie zögert, bevor sie sich auf Pierre einlässt, wie sie mit sich hadert, weil sie natürlich weiß, dass der große Altersunterschied und ihre Krankheit für beide zum Problem werden kann, vor allem, was ihre Freunde und Familien betrifft, das ist große Schauspielkunst. In ihrem Gesicht ist alles eingeschrieben, was eine Frau an Gefühlen in dieser Situation bewegen kann: Sehnsucht, Glück, Hingabe, Vertrauen, aber auch Angst, Verzweiflung, Zorn, Ohnmacht, Hilflosigkeit. Ein großartiger Film, ein großartiges Ensemble, eine souveräne Regie und eine hochsensible Kameraführung. Und ein Beweis, dass Liebe kein Alter kennt.
Tipp: Den Film möglichst im französischen Original anschauen – die Stimmen sind so wichtig!
IM HERZEN JUNG (Original: Les Jeunes Amants)
Regie: Carine Tardieu
Drehbuch: Agnès de Sacy, Carine Tardieu, Sólveig Anspach
Kamera: Elin Kirschfink
Shauna: Fanny Ardant
Pierre: Melvil Poupaud
Jeanne: Cécile de France
Trailer (OmU)